Für Frauen verbinden sich vielfältige Gefühle mit der Möglichkeit, ein Kind zu haben – oder eben auch keines. Immer mehr Schriftstellerinnen beschäftigen sich mit der Mutterschaft und ihren Folgen. Sonja Hartl stellt neue Romane zum Thema vor.
Frank Meyer: Kinder sind schlecht für die Umwelt, deshalb sollte man keine Kinder bekommen – das hat ja die Lehrerin Verena Brunschweiger letztens in einem Manifest geschrieben und damit eine Debatte ausgelöst, auch über Feminismus und Mutterschaft. Wie Frauen heute umgehen mit dem Kinderkriegen, das ist in letzter Zeit zum Thema in einigen neuen Romanen geworden. Meine Kollegin Sonja Hartl hat sich eine Reihe dieser Bücher angesehen und ist jetzt hier bei uns im Studio. Wenn man auf diese Romane schaut, gibt’s so etwas wie einen grundsätzlichen neuen Umgang mit diesem Thema Mutterschaft?
Hartl: Also Mutterschaft hat natürlich schon immer eine Rolle gespielt, aber in den vergangenen 15 Jahren kann man schon sehen, dass es immer mehr Autorinnen gibt, die die Mütter und ihre Perspektive in den Mittelpunkt stellen. Und vor allem in den letzten fünf Jahren hat es noch mal im angloamerikanischen und westeuropäischen Bereich so einen richtigen Schub gegeben. Hier versuchen vorwiegend Autorinnen, schreibend zu verstehen, was es heißt, eine Mutter zu sein, wie sich der Körper verändert, wie sich das ganze Leben verändert, aber eben auch, was es heißt, keine Kinder zu haben. Als Beispiele sind hier zu nennen Rachel Cusk, da spielt es quasi in jedem Roman eine Rolle, oder auch Elena Ferrante oder aus dem deutschsprachigen Bereich Anke Stelling. Was sie machen, ist, dass dieses Thema mit all den körperlichen und seelischen Begleiterscheinungen dort hinkommt, wo es meiner Meinung nach hingehört, nämlich in eine Reihe mit den ganz großen Themen der Literatur.