Sonja Hartl

Im Gespräch – James Ellroy

Geboren 1948 in Los Angeles hatte James Ellroy mit „Die schwarze Dahlie“ seinen Durchbruch, dem ersten Band seines L.A. Quartetts („Die schwarze Dahlie“, „Blutschatten“, „L.A. Confidential“, „White Jazz“), in dem er eine alternative Geschichte des Los Angeles Police Department erzählt. Mit der Underworld-Trilogie („Ein amerikanischer Thriller“, „Ein amerikanischer Albtraum“, „Blut muss fließen“) erweiterter er seinen Handlungsort auf die USA – und kehrt nun mit „Perfidia“ in der Zeit und nach Los Angeles zurück.

Wann hatten Sie die Idee, ein zweites L.A. Quartett zu schreiben?
Es war spät, es war eine kalte Winternacht und ich schaute in meinem Büro aus dem Fenster, als ich plötzlich eine Vorstellung von japanisch aussehenden Menschen in meinem Kopf hatte, die in Handschellen in einem Armeewagen einen Berg hinauffahren, um zu einem Internierungslager zu kommen – in der beißenden Kälte des Winters. Innerhalb von Sekunden machte es in meinem Kopf „wush“ und ich dachte: ein zweites L.A. Quartett; vier Romane, die Los Angeles im Zweiten Weltkrieg behandeln; Figuren aus dem ersten L.A. Quartett, die historischen und fiktionalen, und aus der Underworld-Trilogie; alle in Los Angeles als wesentliche jüngere Menschen; der erste Teil wird „Perfidia“ heißen, nach dem berühmten Song von 1941; und wird in Echtzeit zwischen dem 6. Dezember 1941, der Tag vor dem Angriff der Japaner, und dem Ende des Monats spielen; es wird einen fiktionalen Mord an einer japanischen Familie geben, Mutter, Vater, ein männliches und weibliches Kind, abgeschlachtet mit einem Messer – und das war es, das war das zweite L.A. Quartett und ist das Buch „Perfidia“.

Wie haben Sie ausgewählt, welche Charaktere wieder erscheinen werden?
Ich wollte meinen Erzählumfang ausweiten. Normalerweise habe ich drei Protagonisten, ich wollte in Tagebuchform schreiben. Ich wusste, dass ich William H. Parker im Buch haben wollte, einen historischen Charakter, dann Kay Lake und Dudley Smith, und ich wusste, dass ich eine neue Figur haben wollte, eine japanische. Hideo Ashida ist ein Name, der sehr kurz in der „schwarzen Dahlie“ erwähnt wird. Also las ich meine eigenen sieben Romane wieder, damit ich die Fakten richtig hinbekomme. Dudley Smith wurde 1905 geboren, William H. Parker 1902, Kay Lake wurde 1920 geboren. So sehr ich sie geliebt habe, hatte ich vergessen, wie Kay Lake aussah, wie ich sie in der „schwarzen Dahlie“ beschrieben habe. Das habe ich mit Claire de Haven gemacht, die nur in „Blutschatten“ auftritt, gemacht und mit vielen anderen Charakteren.

Haben Sie sich dann Notizen gemacht?
Ja. Ich hatte über 200 Seiten mit Notizen, außerdem hat die Frau, die Recherchen für mich macht, die Fakten zusammengestellt, so dass ich einen kohärenten und akkuraten Erzählrahmen über die Ereignisse im ersten Monat des Zweiten Weltkrieg in Los Angeles hatte, die Zeit, in der die Verdunkelungen auftraten. Ich habe erfreut festgestellt, dass im ersten Monat die Internierungen der Japaner gefährlich willkürlich durchgeführt wurden. Dadurch hatte ich einen größeren Spielraum für meine Fiktionalisierungen.

Und warum haben Sie Kay Lake als ihre erste Erzählerin ausgesucht?
Sie ist leichtsinnig, sie ist brillant, sie ist libidinös, sie ist launisch, sie ist witzig, sie ist sehr jung, sie ist sehr idealistisch, sie ist sehr mutig. In der „schwarzen Dahlie“ sind wir nicht in ihrem Kopf, sie ist keine Erzählperspektive. Hätte sie eine Erzählperspektive gehabt, hätte ich sie nicht benutzen können. In meinem Buch stellen sich die Leute die Vergangenheit von Kay Lake vor, hätte Kay Lake eine eigene Perspektive gehabt, hätte sie die Wahrheit über ihre abenteuerliche Vergangenheit erzählt. Aber das habe ich ihr nicht zugestanden. Also, was bringt Kay Lake in dieses Buch ein? Sie ist 21 Jahre alt, sie ist aus South Dakota, William H. Parker glaubt, sie sei aus Deadwood, sie ist Sioux Falls. Sie ist ein Präriemädchen. Sie gerät an den Jazzmusiker Bobby De Witt, er bringt sie in die Prostitution, sie trifft Lee Blanchard, sie zieht bei ihm ein, wir erfahren, dass er tatsächlich der Drahtzieher hinter dem Raubüberfall ist, bei dem sie als Zeugin vor Gericht auftrat. Sie haben keine sexuelle Beziehung, weil sich Lee Blanchard für das Verschwinden seiner kleinen Schwester bestraft. Das alles enthält bereits die „schwarze Dahlie“, aber es ist für mich wichtig, es noch einmal aus Kays Perspektive zu erzählen. Ihr Erzählstrang läuft dann mit Willam Parkers zusammen, fast von Anfang an. Elmer Jackson und Brenda Allen sind tatsächliche Figuren, aufgrund Kays Vergangenheit als Prostituierte ist es plausibel, dass sie Menschen wie Brenda und Elmer kennt und mag. Es ist wie bei den anderen anderen, es fügt sich zusammen. Wir wissen, dass Dudley Smith in Dublin 1905 geboren wurde, außerdem wissen wir aus „L.A. Confidential“, dass er mit Uncle Ace Kwan befreundet ist – das ist wichtig für den Hass zwischen Japaner und Chinesen, bevor er explodiert–, Kay Lake ist romantisch fixiert auf Bucky Bleichert in 1941, das fügt sich in die Chronologie, Bucky bespitzelt Ashida, um zum LAPD zu kommen, er traf während seiner Highschool Jack Webb, den Fernsehpolizisten, der die Stimme des LAPD für viele Jahre war, das ist in der „schwarzen Dahlie“. Es kommt hier alles zusammen.

Und warum haben Sie für Kay Lake die Tagebuchform gewählt?
Drei der Frauen, mit denen ich zusammen war, waren große Tagebuchschreiberinnen. Das Tagebuch ist ein weibliches Format und Kay ist einfach so klug und witzig. Ist sie ihre Lieblingsfigur in dem Buch?

Nein.
Wer ist es?

Es ist Dudley Smith.
Ist er wirklich? Und Sie mögen sich dafür nicht.

Nein, ich hasse mich dafür. Ich habe ihn im ersten L.A. Quartett verabscheut, aber im Verlauf von „Perfidia“ habe ich mich in ihn verliebt und nun muss ich mit der Tatsache zurechtkommen, dass ich einen der größten Psychopathen der Kriminalliteratur hassliebe. 
Gut, lassen Sie uns darüber reden (lacht sehr). Das ist das offenste und ehrlichste Eingeständnis der Anziehungskraft von Dudley Smith, das ich bisher jemals von einer Journalistin bekommen habe. Also, lassen Sie uns darüber reden, denn es gibt einige Dinge, die Sie wissen sollten. Er hegt gegenüber Frauen keine Abneigung, er hat ritterliche Beziehungen mit ihnen, er wurde von Frauen in seiner Vergangenheit in Irland gedemütigt und missbraucht, er zerfällt in gewisser Weise in der Gegenwart von Frauen, er verkriecht sich, wenn sich Bette Davis von ihm zurückzieht. Außerdem ist er ein großer, gut aussehender Kerl, was auch nicht schadet. Er ist witzig, großmütig Und da ist eine Offenheit in ihm. Er hat lesbische Freunde mit dem dummen Sohn, der ein Psychopath ist, aber er akzeptiert alle. Er mag Hideo Ashida, dem heimlichen japanischen Schwulen, er bewundert ihn sogar und geht offen damit um. Und er ist in Claire de Haven am Ende des Buches verliebt. Er ist der einzige Mann in meinen Büchern, der zu Liebe fähig ist. So böse er auch ist. Es ist nicht Ashida, der schwul ist, Parker, der viel zu beeinträchtigt ist, es ist Dudley. Also ich kann verstehen, warum Sie ihn gewählt haben.

Ja, und er ist ein schlechter Mensch, aber er ist in seiner Bösartigkeit absolut aufrichtig. Er versucht nicht zu verbergen, dass er schlechte Dinge tun wird, wenn er sich von ihnen einen Vorteil verspricht. Das kann ich bewundern.
Ja, gerade in dem Kontext, immerhin hat gerade der Zweite Weltkrieg begonnen. Das werde ich mir merken.

Warum wurde er der Vater von Elizabeth Short?
Weil ich es konnte – in gewisser Weise. Ich wollte sie lebendig zeigen, nicht nur als toten Körper, der in zwei Hälften geschnitten ist. Das war mir wichtig. Dann begann die Konvergenz: Dudley Smith ist 1905 geboren, er ist 19 Jahre alt, als Elizabeth Short 1924 geboren wurde. Die Kennedy-Familie, Joseph P. Kennedy, hat Geld für die irische Sache gespendet – ich weiß nicht, ob sie es wirklich getan haben, ich habe es mir ausgedacht. Dort hat er Dudley und den Erzbischof Cantwell – tatsächlich ein irischstämmiger Bischof von Los Angeles – in Dublin getroffen und Dudley in die USA eingeladen. Dudley hat dann dort eine Affäre mit Phoebe Short, die viel älter ist als er und schon Kinder hat. Hinzu kommt dann eine Tochter. Es passt alles, es hätte so passieren können. Elizabeth Short wurde in Bedford, Massachusetts geboren, die Kennedy-Familie ist in Boston, Dudley ist in Boston, er schlägt einen Mann zu Tode und Joe Kennedy verbannt ihn nach Los Angeles. Es passt alles.

Ich mochte sehr, dass Dudley Smith und J. Edgar Hoover im selben Buch erscheinen. Werden sie sich wieder treffen?
Ja, sie werden sich im nächsten Buch wiedersehen.

Und nun zu William H. Parker. Er ist eine historische Figur und war bereits in Ihren vorhergehenden Romanen, aber immer im Hintergrund, niemals direkt in der Geschichte involviert. Warum ist er nun in den Vordergrund getreten?
Er ist ein sehr missverstandener historischer Charakter, er wird fälschlicherweise seit den Watts Unruhen 1965mit Rassismus assoziiert. Das hat sein Vermächtnis verschmutzt. Er ist der größte amerikanische Polizist des 20. Jahrhundert. Ich fand ihn immer paradoxerweise lenkbar und verschwenderisch, ich habe immer vermutet, dass er bei Frauen eine Agenda verfolgt, wollte immer hinter sein Äußeres kommen und einen bemerkenswert mächtigen Mann und seinen Kampf mit Alkoholismus zeigen. Wie schwach und stark er ist, ist bewegend. In der Szene nach der zweiten Party in Claires Haus, als Kay wütend ist, dass er ihr folgt und sie ihn angreift, er ist betrunken, hat auf sich selbst uriniert und sieht wie Scheiße aus. Aber sie geht auf ihn los. Sie brauchen einander. Er ist sie, sie ist er, sie sind getrennt von 600 Meilen Prärie und 18 Jahren Altersunterschied. An einem Punkt bezeichnet Dudley sie als verrückt, und sie lieben sich, ohne es zu wissen. Ihre große Liebe füreinander wird im zweiten L.A. Quartett eine Rolle spielen.

Ist es wichtig, dass sowohl Dudley als auch William katholisch sind?
Es hat sich einfach gut zusammengefügt. Ich bin nicht katholisch, ich weiß nicht viel darüber, aber ich hatte die Idee, dass Erzbischof Cantwell ein gemeinsamer Freund von ihnen ist. Ich fand es interessant, außerdem konnte ich dann die Szene schreiben, in der sie mit Cantwell zu einem Gespräch zusammentreffen.

In „Perfidia“ gibt es also bekannte Figuren, eine bekannte Zukunft, einen fest gesteckten Zeitrahmen. Es gibt nicht – wie in Ihren früheren Romanen – nur die historische und fiktive, sondern eine dritte Ebene, die ich Ihre historisch-fiktive nennen würde. Wie haben Sie den Roman damit konzipiert?
Es geht vom Prolog aus, von Kay. Sie ist die jüngste von allen und sie will sich lebendig fühlen. Man weiß, wer sie ist, man kennt sie aus der „schwarzen Dahlie“, man weiß, wer Dudley ist, wer Parker ist und wie es mit ihnen weiter geht. Nur Ashida ist übrig. Ich könnte ihn also im nächsten Buch töten, ohne Widersprüche zu einem Buch zu erzeugen, das schon veröffentlicht wurde. Ich werde es nicht tun. Er ist ein zu wertvoller Charakter. Also konnte ich hier nichts machen. Die Spannung, die suspense, muss aus anderen Quellen kommen. Die Erzählperspektiven müssen sich in den vier Büchern verlagern. Neue Charaktere müssen hinzu kommen, also sind im zweiten Buch alle Charaktere aus diesem Buch und zahlreiche neue. Kleinere Charaktere rücken in den Vordergrund, Elmer Jackson beispielsweise, Thad Brown, Ellen Drew, eine kleinere Schauspielerin, die schon Elmers Freundin ist. Der Unterschied des zweiten L.A. Quartetts ist, dass ich es von vorneherein als vier Bücher angelegt habe.

Und wie wirkt sich diese Konzeption aus?
Ich wusste, wo ich hin wollte, als ich „Perfidia“ beendete. Ich wusste es genau. Wohin es gehen muss, welche Charaktere ich loswerden musste, wie Scotty Bennett, der zu den Marines gegangen ist. Wir werden ihn eine Weile nicht sehen. Bevor ich mit dem nächsten Text anfangen kann, muss ich erst noch über die Jahreszahlen für einige Charaktere gehen, beispielsweise von Ed Exley und Jack Vincennes aus „L.A. Confidential“, Dave Klein von „White Jazz“, Ward Littell aus der Trilogie ist schon in „Perfidia“, aber ich muss nachsehen, ob Kemper Boyd auftreten könnte.

Der allgegenwärtige Rassismus und die Offenheit, mit der er geäußert wird, haben mich sehr beschäftigt. Manchmal hatte ich das Gefühl, das Wort „Japse“ kommt in jedem Satz des Kapitels vor.
Ich glaube, es ist zutreffend, akkurat. Und ich glaube, man sollte davor nicht die Augen verschließen. Meine Eltern erzählten mir, dass an diesem bestimmten Tag in Los Angeles die fünf Worte, die sie immer wieder hörten, waren: Die Japsen haben Pearl Harbor bombardiert. Sie verlieren den schockierenden Effekt mit der Zeit. Es ist die beiläufige Verwendung, die heute schockiert. Wir halten uns an ein absurdes Level von politischer Korrektheit, man sollte niemanden zensieren.

Und noch zu einem anderen Thema. Was ist Noir für Sie?
Noir ist missverstanden und Noir ist übermäßig beschrieben. Film noir und der Roman noir existierten von 1945 bis 1960. Aus und vorbei. Diese Idee, dass es immer noch Noir gibt, wenngleich auch nicht im klassischen Sinn von Noir … Einer der letzten wirklichen Noir-Filme war „Odds Against Tomorrow“ („Wenig Chancen für morgen“, 1959), der Robert-Wise-Film mit Harry Belafonte. Raymond Chandler ist kein Noir, Dashiell Hammett ist kein Noir, der „Malteser Falken“ und „The Big Sleep“ sind kein Noir. „L.A. Confidential“ ist kein Noir, es ist eine historische Romanze, die in der Film-Noir-Zeit spielt. Punkt. Ich mag einfach vieles nicht, was als Noir beschrieben wird. Ich hasse Jim Thompson, ich mag David Goodis nicht, ich verachte den kleinen, psychopathischen Roman, er hat keine Größe. Ich mag Minimalismus. Ich mag Nihilismus. Ich mag Überdeutlichkeit. Und ich bin für immer und zunächst ein Moralist.
Direkt aus dem Noir komme ich dank meines glücklichen geographischen Schicksals. Meine Eltern haben mich im Epizentrum des Film noir zur Hochzeit der Ära geboren. Schauen Sie auf die Rückseite meiner Bücher, „James Ellroy wurde in Los Angeles im Jahr 1948 geboren.“ Das sagt sehr viel. Ich liebe richtigen Film noir, vor allem aus einem Grund: Man sieht, wie L.A. zu dieser Zeit aussieht. Leute sagen immer, warum wurde Film noir dort gedreht? Weil die Studios dort waren und man Drehorte billig bekam. Das ist es. Haben Sie einen Lieblings-Film-noir?

Ja, „The Killers“. 
Wegen Burt Lancaster?

Nein, wegen der Erzählstruktur. Ich habe mag Narrationen und ich mag wirklich, wie er erzählt ist. 
Das ist interessant. Ich habe den Film vor einiger Zeit gesehen. Ich hatte vor einiger Zeit etwas mit einer Frau aus London, das nicht wirklich funktioniert hat. Sie hatte niemals Film noir gesehen, also haben wir „The Killers“ gesehen. Und sie war verblüfft von Burt Lancaster. Sie sagte, er sei zu hübsch.

Ach nein, das denke ich nicht.
Hier ist, was sie sagte: Er ist so hübsch, er ist so schwul, er ist so falsch. Sie hielt ihn für mit sich selbst beschäftigt, er sei wie eine Katze, die immer um das Haus streicht und sie glaubte keinen Moment zwischen ihm und Ava Gardner. Und dann gibt es da ja noch den verschwitzen kleinen Edmond O’Brien, drei Jahre bevor er es in „D.O.A.“ verstanden hat.

Haben Sie einen Lieblings-Film-noir?
Ja, aber nur für die ersten 45 Minuten, dann wird er schlecht, auch wenn die Geschichte letztlich ausgeht. Was glauben Sie, welcher es ist? Raten Sie. Sie haben alle meine Bücher gelesen.

Also, ich glaube, Sie mögen „Detour“, aber es ist wahrscheinlich nicht Ihr Lieblingsfilm. Ich tippe auf „Double Indemnity“. 
Es ist „Out of the Past“. Es ist sehr, sehr, sehr romantisch. Kennen Sie ihn?

Ja.
Hier ist, was passiert: Paul Valentine, der Schläger, der homosexuelle Schläger, er ist einer der großen homosexuellen Handlanger im Film noir, himmelt immer Kirk Douglas an (imitiert einen hechelnden Hund). Der homosexuelle Schläger fährt in eine Stadt und sagt zu Jeff Bailey – das ist der Part von Robert Mitchum –, dass Whit ihn sehen wolle. Oh, oh, oh, oh. Er solle morgen in die Stadt kommen, Whit wartet auf ihn. Oh, oh. Dann sagt Jeff Bailey, es sei eine kleine Welt. Und der Schläger zeigt auf das Schild, das über der Tankstelle hängt, die Bailey gehört, und auf dem sein Name steht und sagt, nein, ein großes Schild. Dann muss Bailey seine Geschichte seiner netten Freundin erzählen. Es ist die Idee, die hinter allem liegt. Die Idee, dass es eine Frau gibt, die einen dazu bringt, sich ihr zu unterwerfen und zu überlassen. Instinktiv weiß Mitchum, dass Kathie Moffat – Jane Greer – eine solche Frau ist. Er geht nach Mexiko, er lässt seinen Partner nicht mitkommen, er wartet in der cantina, sie taucht auf, es knistert zwischen ihnen, sie sind ein außergewöhnlich gut aussehendes Paar. Und obwohl sie in der Realität 22 und er 29 Jahre alt ist, erscheinen sie wie eine Frau und ein Mann, auf eine Art und Weise, wie es junge Schauspieler heutzutage nicht würden. Dann haben sie diese großartige Szene am Strand, an dem sie ihm sagt, Jeff, ich bin nicht gut, Du brauchst mich nicht, Du willst mich nicht. Und er sie an sich reißt und sagt, es sei ihm alles egal. Das ist es, damit hat er seine Fahrkarte entwertet. Das ist sehr eindrucksvoll. Im Film ist es nur eindrucksvoll bis zu der Szene, in der sie auf den Typen schießt, der sie verfolgt. Dann wird es etwas jämmerlicher. Es endet stärker. Aber dieser Film ist durch und durch über die Liebe.

Ich glaube, ich sollte ihn noch einmal sehen. Gibt es Noir-Autoren, die Sie wirklich schätzen?
Ich habe ein Buch für Sie, Sie müssen es finden, es ist wieder eine Liebesgeschichte: „Portrait in Smoke“ von Bill S. Ballinger. Kennen Sie es?

Nein.
Niemand kennt es. Es ist 1951 veröffentlicht. Es ist die Geschichte eines kleinen Geldverleihers namens Danny April und einer Frau namens Krassy Almauniski. Danny ist ein junger Mann. Es ist das Ende der 1940er Jahre. Als er ein Teenager war, ging er den Lake Shore Drive in Chicago entlang und hat eine wunderschöne Frau gesehen. Er ist ihr gefolgt, hatte aber Angst, sie anzusprechen. Er kann diese Frau nicht vergessen, die er gesehen hat. Dann erbt er etwas Geld und kauft das Schuldenbüro von dem alten Alkoholiker, dem es gehört, und geht durch einige Unterlagen, an denen Fotos sind, und er sieht Krassy Almauniski, die sich Geld geliehen hat. Er überzeugt sich selbst, dass sie es ist, das Mädchen vom Lake Shore Drive. Bis zu diesem Punkt liest man aus seiner Perspektive, dann beginnen sie mit Krassys Perspektive zu alternieren, bis sie zusammenfließen. „Portrait in Smoke“, ist unfassbar gut.

Und das ist Ihr Lieblingsbuch.
Nun, es gibt schon auch gute Argumente für „Double Indemnity“, obwohl es in den 1930er Jahren geschrieben wurde. Und „The Postman Always Rings Twice“.

Ja, ich finde James M. Cain hat mit Phyllis und Cora zwei der einflussreichsten Frauenfiguren geschaffen.
Ja, und Krassy Almauniski ist auch ein wenig so. Sie sollten es lesen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Erschienen bei Polar Noir.

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